35 Tage Tasmanien
5 Wochen hielten wir uns in Tasmanien auf, entdeckten verschiedene Winkel der facettenreichen Insel. Ausser Wüsten und Steppen gibt es hier eigentlich alles – weisse Sandstrände, steile Felsküsten, Flüsse und Seen, sanftes Hügelland, alpine Gebirgszüge, blühende Hochmoore, dichte Urwälder und eine kaum erforschte Wildnis. Auch wenn so manche Ortschaft mit schmucken Kolonialbauten schmeichelt, lagen für uns die Höhepunkte – manchmal wortwörtlich – in der wundervollen Natur. Kein Zweifel sind die „offiziellen“ Highlights wie Wineglass Bay und Cradle Mountain wahre Blickfänge, aber mit Touristenhorden zu teilen, auch in der Nebensaison. Es sei denn, man weicht von der 0815-Spur ab…
Die Wanderschuhe geschnürt, waren wir am liebsten dort unterwegs, wo sich nicht allzu viele Menschen tummeln. Einsame Momente in bezaubernden Nationalparks, wie Mount Field oder Hartz Mountains, liessen unsere Emotionen kräftig sprudeln. Urtümliche Bergwelten mit malerischen Hochmooren haben es uns besonders angetan… Manchmal mutete Tasmanien etwas wie Neuseeland an – sei es den grünen Hügeln, den weidenden Wollknäueln, den Haarnadelkurven oder des gemässigten Klimas wegen. Auch erinnerte uns das überschaubare, vielfältige Inselreich gelegentlich an die gebirgige Heimat – eine Schweiz mit Meer.
Das völlig andere Australien wird von den Bewohnern kurz und bündig Tassie genannt. Unaustralisch klein, in handlichem Format, gut eineinhalb Mal so gross wie die Schweiz. Doch nur 500‘000 Menschenseelen beleben den Bundesstaat – zwei Prozent der australischen Gesamtbevölkerung. Die Nord-Süd-Ausdehnung sowie West-Ost-Ausdehnung beträgt ungefähr 300 Kilometer. Die zergliederte Küstenlinie hingegen schafft es auf über 3000 Kilometer, zieht sie sich durch zahlreiche Buchten, Meeresarme und Halbinseln arg in die Länge. Auch unterhalb „Down Under“ steht die Welt Kopf und im November und Dezember beflügelten uns auf der anderen Seite der Erdkugel lange Tage. Abends dunkelte es erst nach neun Uhr ein – der Frühsommer liess grüssen.
Das liebe Wetter. Ein Unsicherheitsfaktor. Stets muss man auf Regengüsse eingestellt sein und selbst im Sommer mit empfindlich kühlen Temperaturen rechnen. Von Wetterkapriolen begleitet erfuhren wir Tasmanien, wobei wir letztendlich mit einem blauen Auge davonkamen. Doch für das Erkunden der bergigen Gefilde war ein Wetterhoch unabdingbar, ansonsten verhüllen graue Vorhänge die Gipfel. Deshalb war die Reiseplanung oftmals kein Zuckerschlecken. Vielfach zogen wir ratlos den Wetterbericht bei, der aber nicht immer hielt, was er prophezeite. Nicht zu verschweigen ist, dass wir zwei ausgeprägte Schönwettergemüter sind. Immerzu sehnen wir eine Prise Sonnenschein herbei, da dies ein Leuchten der Farben entfacht und die Kulisse erst richtig zur Geltung bringt…
Gefahrene Strecke
Insgesamt legten wir 2790 Kilometer zurück. Bei einer Fahrzeugmiete von 28 Tagen ergibt das einen Tagesdurchschnitt von 100 Kilometern. In Küstennähe drehten wir eine ausgedehnte Runde im Gegenuhrzeigersinn und im Inselinneren eine Zusatzrunde in entgegengesetzter Richtung. Vom unbesiedelten Busch einmal abgesehen, überzieht Tassie ein dicht gewobenes Strassennetz. Vielerorts winden sich die Fahrbahnen durch eine Hügellandschaft, zahllose Kurven drosseln ein zügiges Vorankommen. Gelegentlich geht das Teerband in eine Schotterpiste über, insbesondere in Nationalparks. Oftmals waren die ungeteerten Strassen sogar in einem besseren Zustand – Wellblech trafen wir zu unserem Erstaunen nur auf Asphalt an… Ein Liter Benzin kostete uns im Durchschnitt 1.43 Australian Dollar, was momentan 1.15 Franken entspricht.
Fahrzeug
Ein rollendes Daheim bot uns während vier Wochen ein Dach über dem Kopf. Der kompakte Campervan schnurrte ruhig und war angenehm zu lenken. Manchmal vermissten wir jedoch einen 4×4. Mit unserem Vehikel ist das Befahren ungeteerter Strassen seitens der Fahrzeugvermietung verboten, oder anders ausgedrückt: der Versicherungsschutz erlischt. Im Vergleich zu unserem Allradfahrzeug auf dem australischen Festland genossen wir dafür die Vorteile des Innenlebens – eine wettergeschützte Kochnische, einen grösseren Sitzbereich und etwas mehr Stauraum. Da uns Tasmanien ab und zu seine regnerisch-kühle Schulter zeigte, waren wir dankbar um den portablen Heizlüfter, der uns rasch eine wohlige Wärme in die Stube hauchte. Das notfalls heissgeliebte Gerät funktioniert aber nur an einer elektrischen Dose – ebenso Wasserkocher, Mikrowelle, Toaster und das Laden der elektronischen Lieblinge. Über die zweite Batterie, die beim Fahren aufgeladen wird, laufen lediglich der Kühlschrank, die Wasserpumpe und das Licht.
Übernachtungen
Von 34 Nächten verbrachten wir insgesamt 7 Nächte in einem Motel – zu Beginn und am Ende unserer Reise in Hobart. Die verbleibenden 27 Nächte schlummerten wir in unserem fahrbaren Daheim auf einem Campingplatz. An 22 verschiedenen Orten verweilten wir zwischen 1 bis 7 Nächte, mehrheitlich jedoch nur eine einzige. Da wir unsere kostbare Zeit möglichst ausnutzen und in verschiedene Ecken Tasmaniens spähen wollten, verharrten wir nicht lange am selben Fleck. Dort, wo wir eine zweite Nacht anhängten, war es aufgrund einer Tageswanderung oder Regenwetter.
Campingplätze
Fast ausnahmslos nächtigten wir auf gut ausgestatteten Campingplätzen und wählten einen Stellplatz mit Stromanschluss, einen sogenannten „Powered Site“. Nebst Elektrizität beglückten uns dort in der Regel Trinkwasser, Waschmaschinen und heisse Duschen, die oft mit Münzen extra zu berappen sind. Nur selten hausten wir auf kostenlosen Übernachtungsplätzen, weil die reizvollen Spots selten an Asphaltstrassen lauern. Meist nur mit Plumpsklos ausgerüstet, liegt deren Luxus vielfach in abgelegener Naturpracht – wie beispielsweise in der Bay of Fire, wo wir ein Plätzchen mit grandioser Meersicht ergatterten… Die Preisunterschiede sind gross, auch wenn die Infrastruktur nicht erheblich variiert. Gerade in Nationalparks verblüffte uns vielmals ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis, trumpften die günstigen Plätze mit Heisswasser und Strom auf, was auf dem Festland kaum der Fall war… Für das Campen blätterten wir pro Nacht für uns beide zwischen 20 bis 45 Australian Dollar hin, was umgerechnet 16 bis 36 Franken entsprach.
Leibliches Wohl
Lebensmittelvorräte angelegt und den Kühlschrank gefüllt, verpflegten wir uns fast ausschliesslich aus der Camperküche. Wir lieben es, unabhängig von Ort und Stelle den Kochlöffel zu schwingen oder ein Picknick zu veranstalten, ohne stets nach Verpflegungsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Wenn es sich ergab, schlichen wir uns hin und wieder in ein anheimelndes Café, insbesondere um trübe Tage aufzuheitern. Denn gegen einen richtigen Kaffee mit einem süssen Schmaus ist rein gar nichts einzuwenden… Gut bestückte Supermärkte gibt es auf Tasmanien grundsätzlich genug, doch die grossen ballen sich vorwiegend um die grösseren Orte. An der Ost- und Westküste warten die kleinen, teureren Läden nicht immer mit frischer Ware auf. Einkaufen ist praktischerweise fast überall tagtäglich möglich, sogar sonntags. Die Öffnungszeiten ziehen sich häufig bis weit in die Abendstunden hinein, wobei Cafés vielfach schon am frühen Nachmittag dicht machen. Nicht selten ging uns deshalb ein gemütlicher Kaffeeplausch durch die Latten…
Nationalparks und Wandern
Die zerklüftete Bergwelt sowie die ausgedehnten Küstenstriche bieten sich hervorragend zum Wandern an. Auf kurzen und langen Routen lässt sich die Natur zu Fuss erkunden. Die Wanderpfade zeigen verschiedene Gesichter – von bestens gewartet bis überwuchert, von klar ausgeschildert bis fast gar nicht. Tasmanien zählt 19 Nationalparks, welche insgesamt einen Fünftel der gesamten Inselmasse einnehmen. Rechnet man sämtliche Naturreservate hinzu, handelt es sich um eine Fläche von beinahe 40 Prozent. Der Nationalparkeintritt kostet für zwei Personen mit vier Rädern momentan 24 Dollar. Da mussten wir nicht zweimal überlegen, bevor wir den zweimonatig gültigen Holiday Pass für 60 Dollar anschafften, was umgerechnet 48 Franken entsprach. Ein sensationeller Deal, besuchten wir schliesslich die Hälfte aller Nationalparks. Auch ausserhalb der Naturschutzgebiete locken Berggipfel, meist fernab gängiger Touristenrouten – der Ausgangspunkt aber häufig nur über unbefestigte Pisten zu erlangen.
Australische Tierwelt
Auf Tasmanien spotteten wir innert kurzer Zeit auf engem Raum eine grosse Vielfalt der australischen Tierwelt, was unsere Herzen höher schlagen liess. Die vorwiegend dämmerungs- oder nachtaktiven Beuteltiere liessen sich vielerorts am späten Nachmittag beobachten. Känguruglück überschwemmte uns im Narawntapu Nationalpark, wo die hüpfenden Gesellen zuhauf vertreten und ziemlich zutraulich waren. Die meisten Wombats entzückten uns auf Maria Island, mähten sie dort seelenruhig den Rasen. Echidnas spürten wir mehrmals am helllichten Tag auf – manche nahmen kurzerhand Reissaus, während andere unsere Anwesenheit überhaupt nicht beirrte. Nur Tasmanische Teufel hielten sich uns fern, in der Wildnis zeigte uns keiner seine Zähne…
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