33 Tage Costa Rica
Knapp 5 Wochen durchstreiften wir Costa Rica. Das „grüne Wunder“ liegt zwischen Pazifik und Karibik am unteren Zipfel von Zentralamerika. Mit einer Fläche von 51‘000 Quadratkilometern ist das kleine Land nur etwas grösser wie die Schweiz, trotzdem reichte unsere Zeit nicht, jede Ecke zu entdecken. Durch die Landesmitte zieht sich ein bergiges Rückgrat mit hohen Gipfeln, klaren Flüssen, sprudelnden Wasserfällen und faszinierenden Vulkanen: einige aktiv, andere seit Jahrhunderten im Dornröschenschlaf. Für uns Naturliebhaber ist Costa Rica wie gemacht und begeisterte uns zudem mit tropischem Regenwald, mystischen Nebelwäldern und palmengesäumten Buchten. Die langen Strandspaziergänge waren berauschend und das eigenständige Wandern durch die üppigen Wälder fabelhaft; Tiere wie Brüllaffen oder Tukane liessen unser Herz höher schlagen…
Es tat unheimlich gut, endlich wieder durch die exotische Ferne zu schweifen und salzige Meeresluft zu schnuppern. Rasch fühlten wir uns „in Costa Rica daheim“ und entspannt. Pura Vida! Der Ausdruck steht für die Lebensfreude und die positive Wesensart der Einheimischen, die sich selbst Ticos nennen. Viele beherrschen Englisch, doch mancherorts musste ich meine bescheidenen spanischen Vokabeln hervorzaubern. Die höflichen, liebenswerten Menschen sind eher hellhäutig, denn die meisten sind Nachfahren der spanischen Eroberer, sogenannte Kreolen. Die dunkelhäutigen Ureinwohner sind in der Minderheit, ausserdem leben viele US-Amerikaner und Europäer im Land.
Der Himmel öffnete fast täglich seine Schleusen. Trotz dem frühzeitigen Einsetzen der Regenzeit haben wir unsere Reise sehr genossen. Einmal darauf eingestellt, entzückten uns die verblüffend heftigen Tropenschauer, sofern wir nicht gerade zu Fuss unterwegs waren. Schliesslich sind es die Niederschläge, die die Pflanzenwelt in ein saftiges Grün tauchen. Allerdings ist es auch in der Trockenzeit von Dezember bis April nicht wirklich trocken, sondern nur weniger feucht. Am wenigsten schüttet es im dürren Nordwesten und am meisten an der Karibik, auf der Osa-Halbinsel und in der Bergwelt. Während der Regenzeit schlägt das Meer höhere Wellen, was die Surfer freut, für Badenixen aber weniger ideal ist. Schwimmen ist wegen gefährlichen Meeresströmungen vielerorts an den insgesamt über tausend Küstenkilometern nicht möglich.
Costa Rica stand nicht auf unserer „Möchte-gern-Liste“ – wir beide waren 2009 kurz vor unserem gemeinsamen Leben bereits dort. Es war das Coronavirus, das uns hierhin spülte, da die Reisewelt noch immer verrücktspielt: Einreisesperre hier, Quarantäne dort. Doch wir bereuen nichts und trotz Maskenpflicht in Läden, an Hotelrezeptionen und bis zum Restauranttisch, war Corona für uns viel weiter weg als zuhause, da wir uns fast nur in der Natur aufhielten. Vielerorts gab es spezielle neue Einrichtungen fürs Händewaschen, meistens sogar mit Fusspedal. Vermutlich hatte es viel weniger Touristen wie in normalen Zeiten, was durchaus angenehm war. Schade nur, dass bei Begegnungen häufig eine Gesichtsmaske die Mimik ausblendet und etwas Distanz verschafft. Da die Corona-Fallzahlen im Laufe unserer Reise anstiegen, wurde Costa Rica kurzerhand auf die BAG-Risikoliste gesetzt, und plötzlich blühten uns bei Heimkehr zehn Tage Hausarrest. Zähneknirschend buchten wir den Rückflug um und verkürzten unseren Aufenthalt um drei Tage, um die angeordnete Selbstisolation zu umgehen.
Auf Achse
Um flexibel und ungebunden jeden Winkel des Landes zu erlangen, mieteten wir einen Allradwagen. Längst nicht alle Strassen sind asphaltiert und die Schotterpisten oft rau, in der Trockenzeit zwar meistens ohne 4×4 befahrbar. Aber etwas Bodenfreiheit ist jederzeit von Vorteil, denn auch auf Teer ist überall mit grossen Schlaglöchern zu rechnen. Auf den Hauptverkehrsrouten brummte viel Schwerverkehr, in ländlichen Gebieten ging es auf den Strassen jedoch gemütlich zu und her. Tankstellen sind breit gesät – der Benzinpreis lag bei ungefähr 600 Colones pro Liter, umgerechnet rund 90 Rappen. Unsere Fahrten von A nach B waren oftmals kurz und keine hundert Kilometer lang, wiederum kann sich eine kurvige Reise durch die Berge zeitlich in die Länge ziehen. Wegen Diebstahlgefahr soll auf unbewachten Parkplätzen keinerlei Gepäck im Auto zurückgelassen werden. Zwar rätselten wir, wie hoch das Risiko tatsächlich ist, haben den Rat aber sicherheitshalber befolgt, was besser möglich ist, wenn man eher kurze Reiseetappen plant wie wir. In 31 Tagen legten wir insgesamt 2360 Kilometer zurück, was durchschnittlich 76 Kilometer pro Tag ergibt.
Übernachtungen
Angesichts der verlässlich wiederkehrenden Regengüsse wählten wir möglichst Unterkünfte mit gedecktem Balkon oder Veranda, um geschützt draussen sitzen zu können. Wir nächtigten von einfach bis gehoben. Besonders angetan haben es uns die naturnahen Dschungel-Lodges mit Charme, wo uns abseits im Grünen meist ein Netz an Wanderwegen beglückte. Die ersten Nachtlager buchten wir schon im Voraus. Unterwegs reservierten wir oftmals ein paar Tage vorab, aber manchmal schauten wir uns vor Ort zuerst die Zimmer an. Einerseits waren wegen Corona weniger Touristen unterwegs, dafür blieb die Situation ungewiss und manche Unterkünfte geschlossen. Gelegentlich waren wir die einzigen Gäste. An Wochenenden peilen Ticos gerne die Strände an und füllten gewisse Hotels. Das Preisniveau ist verhältnismässig hoch und unsere Nächte kosteten durchschnittlich 90 Franken. Wir blätterten von 30 bis 150 Franken hin, Frühstück meist inklusive. Das Preis-Leistungs-Verhältnis schwankte und war in unseren Augen von hervorragend bis ungenügend… Zwischen 1 bis 3 Nächte schlummerten wir in 18 verschiedenen Betten – meistens waren wir zwei Nächte am selben Ort.
Leibliches Wohl
Die einheimische Küche basiert auf Reis, Bohnen, Mais, Kartoffeln, Kochbananen und Salat kombiniert mit Fleisch oder Fisch. Gallo Pinto ist das traditionelle Frühstücksgericht: ein Gemisch aus Reis und schwarzen Bohnen, serviert mit Eiern und allenfalls gebratenen Bananen, Tortillas oder Sauerrahm. Für europäische Gaumen mutet die herzhafte Speise zwar eher wie ein Mittagessen an, uns schmeckte es erstaunlicherweise auch in der Früh. Mittags waren wir häufig unterwegs und stillten den Hunger mit tropischen Früchten, Brötchen und Empanadas aus einer Bäckerei oder Joghurt und Käse aus dem Supermarkt. Das Abendessen fiel je nach Übernachtungsplatz aus und beschränkte sich manchmal auf das Hotelrestaurant. In einfachen Lokalen, sogenannte Sodas, kann man ab 5 Franken speisen. In einem etwas besseren Restaurant mit internationaler Küche bezahlten wir meistens zwischen 15 bis 25 Franken für ein Gericht. Praktischerweise ist das Leitungswasser geniessbar. Überall wird schwarzer Kaffee angeboten, nach Milch oder Tee mussten wir oft fragen. Ein Drink war mit 5 bis 8 Franken verhältnismässig günstig, allerdings enthielt der Mix häufig mehr Eis als Alkohol…
Nationalparks und Naturschutzreservate
Noch bis Ende der 1960er-Jahre zahlte die Regierung Geld an Bürger, die abgelegene Regenwaldflächen rodeten und in Ackerland umwandelten. Die radikale Wandlung vom Waldraubbau zum Waldschutz ist hauptsächlich nordamerikanischen und europäischen Einwanderern zu verdanken. Heute schwimmt Costa Rica auf einer Ökowelle und ein Viertel des Landes steht unter Naturschutz, seien es Regen- und Nebelwälder, Mangrovensümpfe, Küstengebiete oder Bergwelten und ihre Vulkane. Insgesamt besuchten wir neun der zahlreichen staatlichen Nationalparks und Schutzgebiete, wo es mit Glück immer möglich ist, Tiere in freier Wildbahn zu spotten. Neben einer beachtlichen Vogelwelt und vier Affenarten kommen auch Faultiere, Tapire, Ameisenbären oder Jaguare vor, die sich leider häufig in dichter Vegetation oder unzugänglichen Gebieten verbergen. Die meist hervorragende Infrastruktur mit ausgeschilderten Pfaden erlaubt oftmals das Erkunden auf eigene Faust, mancherorts sind Führer verfügbar oder vorgeschrieben. Die Eintrittspreise fallen eher hoch aus – wir bezahlten zwischen 6 und 23 Franken pro Person. Das Ticket ist jeweils nur einen Tag gültig und muss für gewisse Nationalparks online vorgebucht werden: www.sinac.go.cr
Finanzielles
Als Kolumbus im Jahre 1502 in Costa Rica landete, vermutete er hier grosse Goldvorkommen und taufte deshalb das Land auf den Namen „reiche Küste“. Schliesslich war es der Kaffeeboom, der die arme Kolonie im frühen 19. Jahrhundert zum reichsten Land der Region machte. Costa Rica wird häufig die „Schweiz Mittelamerikas“ genannt, nicht nur wegen der bergigen Landschaft, sondern auch hinsichtlich Wohlstand, politischer Neutralität und gutem Bildungs- und Gesundheitssystem. Verglichen mit anderen zentralamerikanischen Ländern ist das Reisen relativ teuer und die Kosten bewegen sich auf mitteleuropäischem Niveau. Gerade in modernen Supermärkten mit US-amerikanischen Produkten zahlt man häufig ebenso viel wie in der Schweiz, und in Restaurants kommen oft noch versteckte Kosten auf die Rechnung: 13 Prozent Steuern sowie 10 Prozent Service Charge. Die Landeswährung ist der Colón, doch US-Dollar sind fast überall akzeptiert, wie auch das Bezahlen mit Kreditkarte. An Bankomaten kann man sich mit beiden Währungen eindecken, allerdings benötigt man wenig Bargeld.
Ich lese gerade euren Reisebericht und kriege gerade Hunger, wenn ich so von Gallo Pinto lese. Einmal mehr spannend, was ihr in Costa Rica erlebt habt. Hoffen, dass wir irgendwann auch dorthin kommen…
Ganz liebe Grüsse und schöne Sommertage wünschen wir euch.
Herzlichen Dank für deine lieben Zeilen, Reni. Oh ja, die Zeit in Costa Rica war wunderbar. Bestimmt werdet ihr es dorthin schaffen, irgendwann. Und ein feines Gallo Pinto essen… :-)
Liebe Sommergrüsse zurück!