29 Tage Mauritius
4 Wochen lang haben wir Mauritius entdeckt, den kleinen Inselstaat im Indischen Ozean. Der tropische Fleck auf dem afrikanischen Kontinent stand nie auf unserer Wunschliste, doch einmal mehr wirbelte Corona kurzfristig unsere Pläne durcheinander. Allerdings bereuen wir nichts und wir fühlten uns auf Anhieb wohl – von Woche zu Woche hat sich Mauritius immer tiefer in unser Herz geschlichen. Der Puls der multikulturellen Insel schlägt entspannt, lediglich der Strassenverkehr verbreitet manchmal Hektik. Mit einer Fläche von rund 2000 Quadratkilometern ist das Land nur etwa so gross wie der Kanton St. Gallen, oder anders ausgedrückt: 65 Kilometer lang und maximal 45 Kilometer breit. „Sind vier Wochen nicht zu lang?“ fragte man uns vor der Abreise. Bedenken, dass es uns langweilig werden könnte, hatten wir nicht, bevorzugen wir ein gemächliches Reisetempo und ahnen bereits, wie viel das abgelegene Inselreich bietet.
Die für Honeymoon bekannte Insel auf der südlichen Erdhalbkugel ist nicht nur mit einem fetten Budget zu bereisen und bietet weit mehr als Luxusresorts und Traumstrände. Neben ruhigen Badebuchten trumpft das verblüffend facettenreiche Eiland auch mit wilden Küstenabschnitten und Korallenriffen auf, mit markanten Berggipfeln und rauschenden Wasserfällen, Wanderwegen und Aussichtspunkten, Wäldern und Seen, grünen Zuckerrohrplantagen und farbenfrohen Hindutempeln. Am besten gefallen hat es uns im Südwesten, wo es bei der Le Morne Halbinsel und beim hoch gelegenen Black River Gorges Nationalpark unzählige Naturschätze zu erforschen gibt. Das unabhängige Unterwegssein mit einem Auto war wunderbar, zusätzliche Freiheit gaben uns Unterkünfte mit eigener Küche, wo nicht fixe oder späte Essenszeiten den Tagesablauf mitbestimmen. Denn morgens um sechs war es längst taghell, und schon kurz nach sechs verabschiedete sich die Abendsonne, dann dunkelte es Nu ein.
Auf Mauritius leben etwas mehr als eine Million Menschen. Die abgelegene Tropeninsel ist mit 620 Einwohner pro Quadratkilometer dicht besiedelt – dreimal so dicht wie die Schweiz. Davon spürten wir auf unserer Reise allerdings wenig, da wir um die grossen Städte einen Bogen machten und vorwiegend durch die beschauliche Natur streiften. Vor Ankunft der ersten Europäer im 16. Jahrhundert war die Insel unbesiedelt. Heute sorgen Kreolen, Inder, Chinesen, Schwarze und Weisse für eine bunt gemischte Gemeinschaft. Die ethnische Vielfalt offenbart sich auch in der Küche und im Glauben – die religiöse Toleranz und Harmonie ist gross. Die Mauritier begegneten uns freundlich und wohlwollend, doch wegen der pandemiebedingten Maskenpflicht blieben leider oftmals das halbe Gesicht und die Mimik verborgen. So mancher war aufgeschlossen, andere eher zurückhaltend, und überraschenderweise war niemand aufdringlich, auch wenn es ums eigene Geschäft ging. Man spricht kreolisch, aber die Verständigung war problemlos. Viele beherrschen Englisch, das als offizielle Sprache gilt; von noch grösserer Bedeutung ist jedoch Französisch.
Das Wetter verhielt sich unberechenbar und änderte häufig blitzschnell; auf die Wetterprognose war kein Verlass. Auch wenn der Tag strahlend begann und die frühe Morgensonne wacker lachte, war der Vormittag hin und wieder schon bewölkt und das türkisfarbene Meer erblasst. In der Bergwelt stauen sich oft Wolken, insbesondere im Osten, wo es tendenziell etwas mehr regnet und windet als anderswo. Trotzdem hatten wir Wetterglück, nur hin und wieder weinte der Himmel, einmal durchnässte uns ein heftiger Regenguss bis auf die Unterhosen. Am meisten Niederschlag bringen die heissen Monate von Dezember bis März, dann wütet auch gelegentlich ein Zyklon, am trockensten und kühlsten ist es von Juni bis August. Jetzt im Oktober und November kletterte das Thermometer an der Küste auf 25 bis 30 Grad, im oft nebligen Hochland kann es etwa 5 Grad frischer sein. Der mauritische Frühsommer sei eine angenehme Reisezeit, meinte auch eine einheimische Bekanntschaft, als wir gemeinsam auf einen Berg kraxelten.
Transport
Rund 3 Wochen waren wir mit einem Kleinwagen auf Achse. Um die Insel zu erkunden, ist ein Mietauto ideal. Zwar bringt der öffentliche Verkehr einem fast überall hin, doch die meisten Busse halten an jeder Ecke, und das Warten und allfällige Umsteigen fressen viel Zeit. Die Autoübernahme im Hotel klappte hervorragend, und am Ende waren wir das verlässliche Gefährt innert Minuten los. Die meisten Strassen sind gut und asphaltiert, mancherorts jedoch schmal oder mit Schlaglöchern gespickt und im Hochland kurvenreich. An den Linksverkehr haben wir uns schneller gewöhnt als an die unberechenbaren Fahrgewohnheiten der Insulaner. Gewagte Überholmanöver sind an der Tagesordnung und zerrten vor allem an meinen Nerven, während Roland am Steuer etwas gelassener blieb. In Städten und Ortschaften stockt der Verkehr häufig: Busse schleichen, Autos parken mitten auf der Fahrbahn, Fussgänger wuseln umher. Das Benzin kostete etwa 50 Mauritius Rupee pro Liter – das entspricht momentan rund einem Franken… In 22 Tagen legten wir insgesamt nur 962 Kilometer zurück, was durchschnittlich 44 Kilometer pro Tag ergibt.
Unterkünfte
Während unserer Reise stiegen wir in ganz verschiedenen Herbergen ab: einem klassischen Strandresort, einem kleinen Boutique-Hotel, einem privat vermieteten Studio, einem Apartment-Hotel, einem Safari-Zelt und charmanten Gästehäusern mit kolonialem Touch. Von familiär bis anonym war alles dabei, hatten die Nachtquartiere von drei bis über zweihundert Zimmer. Stets wohnten wir in Küstennähe, sei es unmittelbar am Strand, mit Meerblick, an einem Fluss, in üppigen Gärten oder im Ortszentrum. Diese Abwechslung hatte ihren Reiz und widerspiegelt die grosse Vielfältigkeit der kleinen Insel. Nur das erste Hotel buchten wir vor Reiseantritt, die restlichen erst ein paar Tage vorher. Die meisten Unterkünfte waren schliesslich ausgebucht, was nicht heisst, dass wir spontan gar nichts gefunden hätten, aber der Unterschlupf wahrscheinlich weder unserem Geschmack noch Geldbeutel entsprochen hätte. Bezahlt haben wir von 45 bis 220 Franken pro Nacht für uns zwei – je nachdem mit Frühstück, Halbpension oder ohne Mahlzeiten. Über die gesamte Zeit gesehen machte das 105 Franken pro Nacht aus… Zwischen 2 bis 7 Nächte schliefen wir in 7 verschiedenen Unterkünften, was einen Durchschnitt von 4 Nächten pro Ort ergibt.
Verpflegung
So verschieden die Unterkünfte waren, so verschieden gestaltete sich auch unsere Verköstigung. Auch diese Abwechslung haben wir geschätzt: einmal Häppchen vom Buffet auf den Teller schaufeln oder sich bedienen lassen, und dann wieder den Kochlöffel selber schwingen. Für das aktive und zeitlich ungebundene Entdecken der Insel ist eine eigene Küche von Vorteil, oft schmierten wir auch Sandwiches für unterwegs, da in der Natur vielfach keiner etwas verkaufte. Die Supermärkte bieten fast alles, was der Magen begehrt. Legt man auch Importprodukte in den Einkaufskorb, zahlt man fast ebenso viel wie bei uns. Restaurants sind nicht überall breit gesät, an den Stränden finden sich allerdings häufig Essensstände: Wir liebten die indischen Samosas und lecker gefüllten Rotis, die uns für ein Kleingeld satt machten, und die erfrischend saftigen Tropenfrüchte. Auch fein schmeckte das kreolische Essen: mit verschiedenen Gewürzen verfeinerte Gerichte, meistens Curries mit Fleisch, Fisch oder Gemüse, Reis, Salat und feurige Saucen zum schärfen. Nachgespült wird mit mauritischem Tee, Bier oder Rum… In einfachen Lokalen gibt es ein Bierchen ab 2 und Gerichte ab 4 Franken, in Hotelrestaurants kostet es das mindestens das Doppelte oder ein Vielfaches, je nach Standard eben.
Strände und Korallenriffe
Die gesamte Küstenlinie misst knapp 200 Kilometer. Korallenriffe umgeben Mauritius fast lückenlos, darum schlägt der Indische Ozean nur an wenigen Stellen hohe Wellen: wild ist es vor allem im Süden und mancherorts im Westen. Die Korallenbänke dienen als Wellenbrecher, das ruhige Wasser in den Lagunen schimmert bei Sonnenschein entzückend türkisblau. Sandstrände frohlocken fast überall, rund 90 Public Beaches sind ausgeschildert. Die Einheimischen mögen das Picknicken und Zelten an öffentlichen Stränden, besonders an Wochenenden und in Ferienzeiten kann es voll und laut werden. Zwar gibt es keine eigentlichen Privatstrände, doch bei Hotelanlagen schauen Wächter, dass man nicht gerade vor den Liegestühlen ein Handtuch ausbreitet. Spazieren und Baden ist aber überall erlaubt. Es sind vor allem die mit Kokospalmen gesäumten Hotelstrände, die ein zauberhaft exotisches Bild abgeben. An den Public Beaches spenden meistens Kasuarinen Schatten, deren schachtelhalmartige Blätter an Nadelbäume erinnern. Über die Unterwasserwelt wissen wir leider wenig zu berichten: Der ziemlich farblose Tauchgang bei Pointe Jérome im Südosten bot uns leider vorwiegend tote Korallen und nur wenige Fische, weshalb wir uns danach auf die Inselperlen über Wasser konzentrierten. Tauchen ist jedoch überall möglich; Tauchbasen verteilen sich rund um die Insel.
Bergwelt und Nationalparks
Strände und Berge liegen in Mauritius nahe beisammen, insbesondere im Südwesten, unserer Lieblingsecke. Die höchsten Berggipfel sind etwas über 800 Meter hoch, der höchste ist der Black River Peak. Der grundsätzlich einfache Aufstieg entpuppte sich als Rutschpartie, da der Pfad furchtbar matschig war. Auf eigene Faust bezwangen wir insgesamt sechs Berge: Die Wanderungen, meistens steil und knackig, dauerten zwischen einer und vier Stunden. Spielt das Wetter mit, ist das Panorama beflügelnd; die Rundumblicke reichen mancherorts fast über die gesamte Insel. Für gewisse Gipfel ist ein Führer empfohlen, da der Weg nicht leicht zu finden ist oder einen Kletterpartien überfordern können. Auf der Website www.fitsy.com sind zahlreiche Bergtouren beschrieben, und die praktische Offline-App maps.me bewahrte uns stets vor dem Verlaufen. Im Hochland überwältigen nicht nur bizarre Berge, sondern auch sprudelnde Wasserfälle: Die Tamarin Falls im grünen Inselherzen haben es uns besonders angetan. Neben kleinen Schutzgebieten breitet sich im Südwesten der grosse Black River Gorges Nationalpark aus; trotz Infrastruktur wird hier keine Eintrittsgebühr erhoben. Verschiedene Wanderwege durchziehen den bewaldeten Landstrich, grandiose Aussichtspunkte liessen unsere Herzen höher schlagen.
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